1. Wohnen

Potsdam ist eine wachsende Stadt. Das letzte wohnungspolitische Konzept der Landeshauptstadt aus dem Jahr 2015 prognostizierte ein Bevölkerungswachstum von damals 165.000 auf 178.000 Einwohner:innen im Jahr 2030. Ende 2023 lebten jedoch bereits 187.310 Personen in Potsdam. All diese Menschen müssen mit Wohnraum versorgt werden, der zu ihren Lebensumständen passt. Es braucht dauerhaft günstigen Wohnraum für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen. Es braucht große Wohnungen für Familien mit Kindern und barrierearmen Wohnraum für Senior:innen, Menschen mit Beeinträchtigungen aber auch Familien. An all dem mangelt es jedoch in Potsdam. Die Konsequenzen: Wer neuen Wohnraum benötigt, sucht monatelang. Die Angst vor Miet- und Betriebskostensteigerungen, die das persönlich leistbare übersteigen, ist überall spürbar. Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse haben die Zusammensetzung einiger Stadtteile und Kieze nachhaltig verändert und die soziale Durchmischung verringert. Die Antwort der großen Mehrheit der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung darauf ist: Bauen, Bauen, Bauen. Doch eine Wohnungspolitik, die schlicht auf mehr verfügbare Quadratmeter auf dem Wohnungsmarkt setzt, begegnet der Mietenkrise nicht in ihren Ursachen. Das gelingt nur, indem Wohnen dem Markt entzogen wird. Wir wollen die Preisspirale durchbrechen, in dem Spekulation und Profit mit Wohnraum unterbunden und möglichst große Wohnungsbestände nach den Prinzipien der Gemeinnützigkeit organisiert werden. Hinzu kommt, dass eine ausschließlich auf Bautätigkeiten und den Markt ausgerichtete Wohnungspolitik die Möglichkeiten vernachlässigt, Mieterinnen und Mieter aktiv zu schützen und zu unterstützen.

Für uns als Linke stehen die Sicherung des Grundrechtes auf Wohnen und der Schutz der Mieter:innen immer im Mittelpunkt unserer politischen Entscheidungen in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. Gemeinsam mit Mieter:inneninitiativen und stadtpolitisch Aktiven haben wir in den vergangenen 5 Jahren für einen Mietendeckel bei der Pro Potsdam Unterschriften gesammelt und für diesen in der Stadtverordnetenversammlung gestritten. Mit unseren Stimmen wurde nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine auf Grund von Inflation und Preissteigerungen die Aussetzung von Mieterhöhungen bei der Pro Potsdam bis Ende Oktober 2023 beschlossen. Das war eine Entlastung für die Potsdamer:innen und hätte, wie von uns beantragt, um mindestens ein Jahr verlängert werden müssen.
Ebenfalls mit stadtpolitisch Aktiven aus der Mieten- und Klimabewegung haben wir über Monate hinweg gegen den Abriss des Staudenhofs gekämpft. Wir bleiben dabei: dieser Abriss eines weiteren DDR Gebäudes, das über viele Jahrzehnte günstige Wohnungen in der Potsdamer Mitte sicherte, ist ein sozialpolitischer, ökonomischer und ökologischer Fehler. Weder können wir uns die entstandene Versorgungslücke, noch den Abriss und die damit verbundene Vernichtung endlicher Ressourcen klimapolitisch leisten. Der Staudenhof muss jetzt wenigstens das letzte Gebäude sein, das abgerissen werden wird und eine konsequente Bauwende einläuten.
In einigen Bereichen konnten wir in den vergangenen 5 Jahren kleine Erfolge auf dem immer noch weiten Weg hin zu einer radikal sozialen Mietenpolitik erreichen. Das ist unsere Top 5:

Sozialerhaltungs satzung DS 20/SVV/0441 DS 21/SVV/0861

Bereits im Sommer 2019 beschloss die Stadtverordnetenversammlung mit unserer Unterstützung die Vorbereitung einer Sozialerhaltungssatzung für das Gebiet südostlich des Hauptbahnhofes. Anlass hierzu war die Bestrebung eines Investors das RAW – Gelände zu entwickeln und eine große Anzahl neuer Arbeitsplätze in den Bereichen Kommunikation und Digitalisierung schaffen zu wollen. Das RAW Umfeld wurde damit zu einem attraktiven Kiez für Wohnungsunternehmen, in welchem sie Wertsteigerungen und höhere Mieteinnahmen witterten.  Einer solchen Entwicklung, die schlussendlich zur Verdrängung von Mieter:innen und zur Änderung der sozialen Zusammensetzung des Kiezes führt, können Sozialerhaltungssatzungen vorbeugen. In Gebieten für die eine Sozial- oder auch Milieuschutzsatzung durch die Kommune beschlossen wurde, werden Umbaumaßnahmen zum Zweck der Wertsteigerung (z.B. Anbau von Balkonen, Einbau zweites Bad etc.) unter Genehmigungsvorbehalt durch die Kommune gestellt. Die Stadt kann also den Umbau von Wohnungen untersagen, wenn sie befürchtet, dass sich das negativ auf die Sozialstruktur des Gebietes auswirkt. Nach jahrelangem Ringen, unzähligen Erinnerungen und kontinuierlicher Aufrechterhaltung des politischen Drucks durch uns, beschloss die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung endlich im Sommer 2023 die ersten beiden Sozialerhaltungssatzungen ganz Brandenburgs für Teile der Teltower Vorstadt und Babelsbergs. Unsere Forderung, dass diesen beiden Gebieten jetzt schnell weitere folgen müssen, wurde mit unserem Antrag, der eine Vielzahl mietenpolitischer Initiativen umfasst, im März 2023 beschlossen.

Erbbaupacht statt Ausverkauf öffentlicher Flächen

Egal ob KiTa- und Schulbau, Tramerweiterungen, Sport- und Freizeitflächen oder sozialer Wohnungsbau: Potsdam braucht Bodenflächen, um sich weiterentwickeln zu können. Wer jedoch Flächen verkauft, gibt die eigenen Handlungsmöglichkeiten aus der Hand. Als Linke haben wir daher während der gesamten Wahlperiode für ein Umdenken in der Bodenpolitik der Stadt gestritten. Unser Grundsatz: keine Fläche soll mehr verkauft werden. Wo Flächen durch Dritte genutzt werden, wie bspw. im Wohnungsbau durch Genossenschaften, soll das mittels Vergabe eines Erbbaupachtvertrages geschehen. Damit über viele Jahrzehnte bindende Erbbaupachtverträge sich für gemeinwohlorientierte Akteure, die Aufgaben im Interesse der Stadt übernehmen, lohnen, wollen wir eine sozialverträgliche Staffelung der Zinshöhe. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir die Überarbeitung der 1995 festgelegten Zinssätze angestoßen. Der von uns eingebrachte Kurswechsel – Erbbaurecht statt Ausverkauf öffentlicher Flächen – muss jetzt konsequent verfolgt werden und auch für alle städtischen Unternehmen, wie die Pro Potsdam und ihre Gebäudebestände gelten! Für eine sozialgerechte Bodenpolitik der Stadt bedarf es neben der Neuausrichtung der Vergabe von vorhandenen Grundstücken weitere flankierende Instrumente. So wurde der von der Linke initiierten Flächenankauffonds in den Haushaltsverhandlungen mit der Stadt stetig erhöht. Die Stadt muss perspektivisch noch mehr Flächen für Wohnen und Sport- und Freizeit und weitere Nutzungen ankaufen.

Gemeinsam für Mieter:innenschutz kämpfen DS 22/SVV/1154

Das Bundesbaugesetzbuch sieht entschieden zu wenige, aber zumindest einige Instrumente vor, die Mieter:innen schützen sollen. Dazu zählen u.a. die Sozialerhaltungssatzungen. Bevor diese Instrumente jedoch zur Anwendung kommen, müssen die Bundesländer in einigen Fällen Verordnungen erlassen, die es ausgewählten Städten – meist jenen mit besonders stark ausgeprägten Wohnraummangel – erst erlauben die Regelungen anzuwenden. So ist es beispielsweise bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Es braucht eine Verordnung des Landes Brandenburg, die es Potsdam erlaubt diese Umwandlungen zu verwehren. Als Linke haben wir dafür gesorgt, dass die Stadt sich aktiv für die Umwandlungsverbotsverordnung und damit für die Anwendung der Mieter:innenschutzinstrumente einsetzt. Leider blockiert das Land dies nach wie vor.

Keine Verhandlungen mit gewinngetriebenen Wohnungsmarktakteuren!

Wer gewissenlos handelt und über 100 Senior:innen mitten im Corona – Winter auf die Straße setzt, kann kein Partner für eine soziale Stadtentwicklung sein. Genau diese Haltung der Stadt haben wir unmittelbar nach Kündigung der Senior:innen aus der Josephinen Wohnanlage eingefordert. Denn neben der direkten Unterstützung der Betroffenen und der Organisation von Beratung, die wir als Teil der Initiative „Burgstraße bleibt“ aktiv mitorganisiert haben, war es unserer Auffassung nach notwendig, den MK Kliniken dieses Verhalten nicht durchgehen zu lassen, klare Grenzen aufzuzeigen und die ordnungsrechtlichen Sanktionierungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Daher wurde auf unsere Initiative der Abbruch aller Gespräche mit den MK Kliniken und die Prüfung eines Verfahrens wegen Verstoßes gegen die Wohnraumzweckenentfremdungssatzung der Stadt beschlossen.

Gemeinschaftliche Wohnprojekte ermöglichen

Neben einem großen kommunalen Unternehmen und starken Genossenschaften gibt es in Potsdam viele Gruppen und Initiativen, die zusammenleben, füreinander Verantwortung übernehmen und Wohnraum dauerhaft dem Markt entziehen wollen. Sie organisieren sich in gemeinschaftlichen Wohnprojekten und sind bereit Häuser, die dringend saniert werden müssen, neues Leben einzuhauchen oder mit Erbbaupacht- und Konzeptvergabeverfahren Verantwortung für Objekte zu übernehmen, die das kommunale Wohnungsunternehmen oder die Genossenschaften nicht mehr bewirtschaften wollen. In einigen Objekten sind es auch die Mieter:innen selbst, die sich organisiert und ein gemeinschaftliches Wohnprojekt gegründet haben, um das Haus, in dem sie wohnen, zu übernehmen. Als Linke haben wir solche Initiativen in den vergangenen Jahren regelmäßig unterstützt und entsprechende Anträge eingereicht. Egal ob Wolle- oder Sellostraße: statt Gebäude an den Meistbietenden zu verkaufen, wollen wir sie für die Mieter:innen und dem Gemeinwohl verpflichtete Gemeinschaftsprojekte sichern.